Ich weiß nicht wie das bei anderen Entwicklern ist, aber mir unterlaufen im Laufe der Jahre ab und zu richtige Mega-Fails. Manchmal vergesse ich die schnell wieder, aber heute möchte ich Euch von einem erzählen.
Bis vor etwa einem Jahr hatte ich kaum brauchbares Wissen über die Welt der Solarenergie. Doch mittlerweile habe ich mich etwas in die Thematik eingearbeitet und verstehe nun einige grundlegende Zusammenhänge wesentlich besser. Mein neu erworbenes Wissen hat im Frühjahr/Sommer 2022 zum Einsatz einer Insel Solaranlage auf Basis der Bluetti EP500 Pro und 12 200 Watt Solarpanels (also 2400 Wp) geführt, mit der ich seither experimentiere. Das hat sehr viel Spaß gemacht und mein Verständnis für die Möglichkeiten, aber auch Einschränkungen (zum Teil nur politischer bzw. bürokratischer Natur), schon nach kurzer Zeit deutlich verbessert. Außerdem bekam ich Lust die sich durch meine Anlage ergebenden zusätzlichen Möglichkeiten auszuprobieren.
Da die Anlage im Sommer bei weitem mehr Energie produzierte, als ich bei meinem experimentellen Aufbau (Versorgung meines Arbeitszimmers) benötigte, begann ich darüber nachzudenken wie ich von diesem Überangebot Strom profitieren konnte. Das Problem bei der Bluetti ist, dass ich sie nicht einfach an das Hausnetz anschließen kann, da sie keine Funktion zur Synchronisierung mit der Hauswechselspannung besitzt!
Ein Kommentator meines Artikels auf Golem wies mich auf die Möglichkeit hin einen Teil der in der Bluetti gespeicherten Energie ins Hausnetz einzuspeisen und verwies mich auf folgendes Video:
von Andreas Schmitz, dessen Lösung zwar einen furchtbaren Wirkungsgrad hat, aber mir dennoch den Weg wies. Um den schlechten Wirkungsgrad von Andreas Lösung zu vermeiden, dachte ich daran, anstatt des AC-Ausgangs den DC-Ausgang der Bluetti zu verwenden, der mit 12 Volt * 30 Ampere immerhin 360 Watt abgeben kann. Damit wäre es aber nicht nur möglich, die bei vollem Akku immer noch von den Solarpanels gelieferte Sonnenerergie ins Hausnetz, sondern auch den vollen Akku langsam über Nacht ins Hausnetz, einzuspeisen. Zur Anpassung der Ausgangsspannung von nur 12 Volt der Bluetti an den deutlich mehr Volt erforderlichen Anschluss des Hoymiles Microwechselrichters, begann ich mit verschiedenen Netzteilen zu experimentieren. Es gibt günstige DC-DC Netzteile, die die 12 Volt auf zum Beispiel 40 Volt hoch wandeln können
In Verbindung mit einem Hoymiles HM-300 Microwechselrichter gelang es mir schon einmal testweise 200 Watt Energie ins Hausnetz einzuspeisen. Aber das bedeutete ja immer noch einen doppelten Verlust durch eben das Netzteil und den Microwechselrichter. Da momentan das Ganze wegen des Winters sowieso nicht funktioniert hätte, schob ich in Gedanken das Projekt ins Frühjahr. Doch in der Zwischenzeit bildete ich mich weiter und stieß auf dieses Video auf Youtube:
Endlich verstand ich warum im Internet öfters diese blauen Wechselrichter auftauchten. Ich hatte einfach nicht verstanden was ‚Grid tie inverter‘ wirklich bedeutet: Die können eben genauso ins Hausnetz einspeisen wie die sogenannten Microwechselrichter, darum das ‚Grid‘! Sucht im Internet oder auf Ebay nach so etwas ‚500W Grid Tie Micro Inverter Pure Sine Wave DC16V-28V AC230V for 12V Solar Panel‘.
Gestern war er angekommen und heute wollte ich ihn ausprobieren. Durch die vorhergehenden Experimente hatte ich schon einen passenden Stecker (der interessanterweise nicht mehr lieferbar ist) an ein Kabel (Das im Foto gezeigte Kabel ist übrigens zu dünn!) gelötet und konnte dieses direkt mit dem Grid tie inverter verbinden.
Woraufhin ich auf dem Display der Bluetti den DC-Ausgang einschaltete. Ich wartete mit Spannung auf irgendeine Reaktion, doch es passierte gar nichts. Weder leuchtete auf dem Inverter irgendeine der 3 LEDs auf, noch zeigte die Bluetti eine auf dem DC-Ausgang hinausgehende Leistung an. Noch dazu machte es nach ein paar Sekunden ‚Klick‘ und die Bluetti schaltete den DC-Ausgang ab! Ganz klar ein Zeichen für die Überbelastung des Ausgangs! Also war entweder die Bluetti kaputt oder der Inverter. Für einen schnellen Test entfernte ich die Kabel und schloss ein Labornetzteil an. Wieder keine Reaktion! Hhmm, sollte es etwa notwendig sein, den Inverter auch gleichzeitig ans Hausnetz anzuschließen? Eigentlich wollte ich erst einmal sehen ob die Verbindung von der Bluetti zum Inverter funktioniert, bevor ich das für mich sehr spannende Anschließen ans Haus ausprobiere. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Und nun leuchteten tatsächlich 2 der LEDs auf dem Inverter auf und manchmal erschien auf der Anzeige eine langsam hoch laufende Wattzahl!
Aber immer noch schaltete sich der Ausgang nach ein paar Sekunden ab. Scheinbar zieht der Inverter zu viel Strom. Ich probierte mit dem Potentiometer am Inverter einen Wert einzustellen, der dafür sorgte dass der Inverter nicht so viel Strom zieht. Auf der Anzeige konnte ich auch immer wieder veränderte Werte für die abgegebene Leistung sehen. Aber nach ein paar Sekunden: Klick! Ich gab erst einmal auf, zog den Stecker von der Bluetti und erklärte meiner Frau dass der letzte Kauf leider ein Fehlkauf war.
Doch plötzlich machte es noch einmal ‚Klick‘ und zwar diesmal in meinem Kopf! Des Rätsels Lösung kommt jetzt.
Schon kurz nach dem Kauf der Bluetti nervte es mich, dass sie keinerlei Möglichkeiten einer Datenerfassung bot. Also machte ich mich daran einen Mikrocontroller so zu programmieren, dass er per Bluetooth Kontakt mit der Bluetti aufnimmt, die wichtigsten Daten abfragt und per WiFi in einer MySQL-Datenbank speichert:
Etwas später programmierte ich mit etwas PHP, JavaScript und HTML/CSS noch eine Webseite dazu. Jedenfalls loggt der Mikrocontroller seither Tag für Tag alle wichtigen Daten. Doch der Mikrocontroller kann nicht nur loggen, sondern auch verschiedene Einstellungen auf der Bluetti vornehmen. Das hat mich zu vielen Ideen inspiriert, wie die SOC-Kontrolle abhängig vom Wetter oder die automatische Einspeisung ins Hausnetz, abhängig von verschiedenen Parametern wie entweder einem bestimmten Zeitraum oder eben der Höhe des gerade herein kommenden Sonnenstroms. Ich denke ihr wisst jetzt wie der Hase läuft?
Tja, die Funktion für die automatische Zeitsteuerung des DC-Ausgangs war gerade aktiv und sie war der Meinung – und damit lag sie auch völlig richtig – dass der Ausgang jetzt gerade abgeschaltet sein sollte! Und darum schaltet sie ihn einfach immer wieder aus, wenn ich ihn einschaltete! Ich hatte vergessen, dass der kleine Mikrocontroller mittlerweile Tag für Tag seinen Job erledigt und auch ohne physische Verbindung die volle Macht über die Ausgänge der Bluetti besitzt!
Eine einfache Änderung des Zeitraums machte es anschließend möglich, dass der Inverter problemlos arbeitete!
Ich stellte ihn dann noch auf ca. 200 Watt ein, da ich die Grenzen der Bluetti mit 360 Watt nicht dauerhaft antasten möchte und hoffe, dass sie so möglichst lange ihren Dienst verrichten wird. Ich freue mich schon auf das Frühjahr, wenn ich dieses Feature täglich einsetzen kann.