Im nachfolgenden Text geht es im wesentlichen um die Frage wieviel Pixel braucht der Mensch? Weitere technische Details, wie zum Beispiel HDR, werden nicht betrachtet.
Bei uns zu Hause wird kaum fern gesehen. Wir haben kein Netflix, kein Amazon Prime und kein Kabelfernsehen. Die meisten Sender, die wir über unsere Satellitenantenne ins Haus bekommen, haben eine schier unterirdische Bildqualität! Klar, vergleicht man sie mit der ungefähren Auflösung von im Fernehen gesendeten Filmen aus den 70iger Jahren, sehen sie natürlich besser aus. Wir setzen uns aber gerne ab und zu am Wochenende zusammen hin und sehen uns eine DVD oder Bluray an.
Unser Fernseher ist bald 10 Jahre alt, kann Full-HD (1920 x 1080 Pixel), hat eine Bildschirmdiagonale von 55 Zoll und hat hoffentlich keine Abhöreinrichtung eingebaut, wie es vermutlich bei vielen aktuellen Fernsehern der Fall ist, die eine Sprachsteuerung wie Alexa oder eine Wifi-Anbindung besitzen. Mit 4K und 8K gibt es mittlerweile Fernseher, die eine 4-fache und sogar 16-fache Bildschirmauflösung im Vergleich zu unserem Fernseher besitzen. Mit HDR gibt es auch unabhängig von der Bildschirmauflösung ein neues Feature, welches den Bildeindruck massiv beeinflussen kann. Sollte ich uns einen neuen Fernseher kaufen?
Normalerweise kaufe ich die technologisch zum Zeitpunkt des Kaufes am besten entwickelten Produkte. Wie wäre es mit den folgenden zwei:
Samsung GQ85Q900RGLXZG 214 cm (85 Zoll) QLED Fernseher (8K, Smart TV)
7.680 x 4.320 Pixel
LG 86UH5C-B 218 cm (86 Zoll) Fernseher (Ultra HD, webOS 3.0, Smart TV)
3840 x 2160 Pixel
Beide Fernseher haben gewaltige Abmessungen. Mit Bildschirmdiagonalen von über 2 m wird es schon schwierig, ein passendes Plätzchen im Wohnzimmer zu finden. Aber es geht ja auch um das Bild. Bedeutet eine 4-fache und 16-fache Bildauflösung auch einen 4-fachen oder 16-fachen Genuss beim Ansehen eines Filmes?
Was wäre der perfekte Sehgenuss?
Das kommt natürlich darauf an, was ‚Genuss‘ für einen persönlich bedeutet. Aber sicher wird das Seherlebnis nicht 4 oder 16 mal toller sein. Als ich mit dem Film Avatar im Jahre 2010 das erste Mal das Potential von Blurays richtig realisierte, war das für mich persönlich sehr beeindruckend. Bis dahin hatte ich Filme nur in DVD-Qualität konsumiert. Auf Avatar wurde ich durch eine Beilage des Spiegel Magazins aufmerksam. Eine blaue Neytiri leuchtete da vom Blatt und sprach zusammen mit dem Titel mein Science-Fiction Herz an. Gleich nach dem Lesen lud ich den Trailer von Avatar auf meinen Rechner. Mit einem meiner ersten Full-HD Monitore sah ich mir ihn an und war hin und weg! Niemals zuvor hatte ich einen Spielfilm mit so einem herrlichen Bild gesehen. Gestochen scharf und leuchtend brannte er sich in mein Gehirn und glimmt bis heute nach! Zusammen mit meiner Frau sah ich Avatar im Kino, kaufte ihn mir später als Bluray und sammele diese seither.
Dass mich Avatar auf dem Computer so sehr geflasht hat, liegt an mehreren Dingen:
- Die Bluray ist 5 mal schärfer als eine DVD!
- James Cameron nutzte die mögliche Auflösung einer Bluray auch tatsächlich aus.
- Avatar ist eine wunderbare Fantasy-SF Geschichte.
- Es gibt viele phantastische Szenen, die mit leuchtenden Farben den Fernseher oder Monitor ausreizen.
Lange Rede kurzer Sinn: Der Umstieg von DVD auf Bluray bescherte mir ein wesentlich verbessertes Seherlebnis! Dies war mir als Filmliebhaber auch die Investion von einer, für mich, beträchtlichen Summe Geld wert und führte, unter anderem, zu dem oben genannten Fernseher. In der Folgezeit konnte ich es kaum erwarten, bis die erste Bluray von Avatar erschien:
Werde ich mit einem neuen Fernseher noch einmal eine solche Verbesserung erleben können? Vermutlich nicht und im folgenden möchte ich aufzeigen, warum das so ist.
Einflussfaktoren
Schärfeempfinden
Full-HD, 4K oder 8K bezeichnet eine Menge von Pixeln in einer rechteckigen Fläche. Je nach der Länge der Bildschirmdiagonalen sind diese Pixel unterschiedlich groß. Das Betrachten eines Filmes ist um so schöner, um so weniger man diese Pixel optisch erkennen kann. Damit dies der Fall ist, muss man einen bestimmten Mindestabstand einhalten. Natürlich spielt auch das individuelle Schärfesehen dabei eine Rolle.
Betrachtungsabstand
Ein anderer, das Seherlebnis beeinflussender, Faktor sind die vertikalen und horizontalen Winkelbereiche, den die Ränder des zu betrachtenden Bildes in Verbindung mit dem Betrachtungsabstand zum Auge hin bilden. Also wie weit muss man nach oben, unten, links und rechts sehen, um innerhalb der gezeigten Szene das gerade gewünschte Detail scharf sehen zu können? Ist häufiges seitliches Drehen des Kopfes erforderlich, machen ständige Bewegungen der Pupille müde oder erzeugen sie womöglich sogar Kopfschmerzen?
Konkrete Werte ermitteln
Sichtfeld
Wie könnte man das Sichtfeld ermitteln? Da viel mir der letzte Kinobesuch ein. Wir waren als Familie in ‚Alita: Battle Angel‘ und hatten vorab für die 4. Reihe reserviert. Kein schlechter Platz, ich mag es, wenn man möglichst in das Geschehen eintauchen kann, ohne das man dabei zu sehr den Kopf in den Nacken legen muss, wie in der ersten oder zweiten Reihe. Unser Kino zeigt bei der Reservierung im Internet eine komplette Platzübersicht incl. einer Darstellung der Leinwand im Browser. Dies ermöglicht den Einsatz von MB-Ruler, einer Art Bildschirm-Geodreieck. Mit dessen Hilfe war es mir möglich, den Bildwinkel für die 4. und 5. Reihe auf etwa 70 Grad festzulegen.
Betrachtungsabstand
Mit diesem ersten konkreten Wert geht es an die Ermittlung des Betrachtungsabstands in dem Raum, in dem der Fernseher stehen soll. Bei uns ist dass das Wohnzimmer, wie vermutlich bei den meisten anderen auch. Da wir oft zu viert einen Film ansehen, ist es nicht möglich, dass ein Einzelner in einem Meter Abstand vom Fernseher sitzen kann. Üblicherweise trinken und knabbern wir auch etwas beim Film genießen. Was Ablagemöglichkeiten für Getränke und Knabbersachen erfordert. Sprich: Ein Tisch befindet sich zwischen uns und dem Fernseher. Ich habe nachgemessen: Zur Zeit ist der Fernseher zwischen 2.5 und 3 Metern von uns entfernt!
Bildschirmbreite
Die Bildschirmbreite können wir direkt aus Betrachtungsabstand und Sichtfeld berechnen. Wenn wir die Kanten unseres Sichtfeldes bis zu einer gedachten Ebene am Ende des Betrachtungsabstandes verlängern, erhalten wir ein Dreieck. Teilen wir dieses in der Mitte auf, haben wir zwei rechtwinklige Dreiecke, deren Größen sich mit Hilfe der Winkelfunktionen berechnen lassen. Für die uns zur Verfügung stehenden Größen gibt es folgende Formel:
tan α = a/b
α = Halber Sichtwinkel
a = Halbe Bildschirmbreite
b = Betrachtungsabstand
Um a auszurechnen müssen wir die Formel umstellen:
a = tan α * b
a = tan (70 Grad/2) * 2.75 m
a = 1.93 m
Den Wert 1.93 m müssen wir mit 2 multiplizieren, damit wir auf die tatsächliche Bildschirmbreite kommen: 3.85 m !
Um daraus jetzt noch eine der üblichen Bildschirmdiagonalen zu machen, muss die passende Höhe berechnet werden. Die ergibt sich aus dem Seitenverhältnis. Bei Full-HD, 4K oder 8K ist das immer 16/9. Also:
h = 9 * 3.85 m/16
H = 2.17 m
Mit Hilfe des Satz vom Pythagoras lässt sich daraus jetzt die Diagonale berechnen:
d = sqrt (3.85 m ^ 2 + 2.17 m ^2)
d = 4.42 m
Und in Zoll:
d = 442 cm / 2.54
d = 174 Zoll !
Geschafft! Wir benötigen für unser gewünschtes Sichtfeld einen Fernseher mit einer Bildschirmdiagonalen von 174 Zoll!
Noch einmal alles zusammen:
Für mein gewünschtes Seherlebnis benötige ich ein Sichtfeld von 70 Grad, einen Betrachtungsabstand von nicht ganz 3 Metern und einen Fernseher mit ungefähr 174 Zoll Bildschirmdiagonale! Das ist ein ganz schöner Brummer und schwerlich bei uns im Wohnzimmer aufzustellen!
Kurze Recherche bei Amazon ergibt noch dazu dass es einen so breiten Fernseher gar nicht gibt!
Bildschirmauflösung
Wir sind aber immer noch nicht am Ende unserer Betrachtung. Jetzt gilt es noch die nötige Bildschirmauflösung zu bestimmen! Als Basis dient uns das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges. Dies liegt je nach genetischer Veranlagung, laut Wikipedia, bei ungefähr 0.4 bis 2 Winkelminuten. Kleiner bedeutet man kann schärfer sehen. Mit diesem Wert können wir die Größe eines einzelnen Pixels für eine bestimmte Entfernung berechnen. Dazu dient die gleiche Formel wie zur Bestimmung des Betrachtungsabstandes:
a = tan α * b
a = tan (1 Winkelminute/2) * 2.75 m
a = tan (0.016/2) * 2.75 m
a = 0.000384 m oder 0.384 mm
Ungefähr 1 Drittel Millimeter!
Um daraus die waagrechte Pixelanzahl zu bestimmen, muss man die Bildschirmbreite durch den ermittelten Wert teilen:
4.42 m / 0.384 mm
Sind 11510 Pixel waagrecht. Daraus die Pixel für die Höhe:
(11510 Pixel /16)*9
Sind 6475 Pixel!
Was bedeutet dass? Für mich bedeutet es, dass selbst 8K, also 7.680 x 4.320 Pixel, für ein phantastisches Seherlebnis noch zu wenig ist! 🙂 Mit ein wenig Kompromissbereitschaft und einem etwas geringeren Sichtwinkel komme ich aber mit 8K schon an meine Idealvorstellung heran!
Ich habe bewusst einen sehr großen Sichtwinkel gewählt. Wählt man einen kleineren Sichtwinkel – und das machen viele – benötigt man wesentlich weniger Auflösung.
Die Probleme
- Woher bekomme ich einen solch großen Fernseher?
- Wie bezahle ich einen solchen Fernseher?
- Wo stelle ich ihn im Wohnzimmer auf?
- Und was ist jetzt mit dem tollen Samsung LG 86UH5C-B?
Der Samsung ist nur ein Viertel so groß wie mein Wunschfernseher, hat aber 8K. Stelle ich ihn in knapp 3 Meter Abstand von mir auf, hat er viel zu viele Pixel! Mein Auge hat nichts davon, es kann sie sowieso nicht unterscheiden. Er bringt mir nichts! 4K würde mir bei der Entfernung vermutlich reichen. Mit dem LG 86UH5C-B würde ich für weniger Geld das gleiche Seherlebnis bekommen. Ihr könnt es jetzt ja nachrechnen.
Nachdem wir nun einige Anhaltspunkte für die Bestimmung der idealen Technik haben, kommen wir zu einem anderen, meiner Meinung nach entscheidenden Faktor:
Die Inhalte
Wie anfangs schon geschrieben, sehe ich mir am liebsten Filme auf dem Fernseher an. Seit knapp 10 Jahren sammele ich Blurays und habe mittlerweile einige 100 auf unserem Fernseher gesehen. Ich sehe neue Filme wie ‚Wonder Woman‘, ‚Ready Player One‘ oder die ‚Avengers‘ und ich sehe alte Filme wie ‚Casablanca‘, ‚Der unsichtbare Dritte‘, ‚Gottes Werk & Teufels Beitrag‘ oder die ‚Friends‘-Serie.
Während die neueren und da vor allem die gerenderten Filme, die Auflösung einer Bluray oft schon nahezu ausnutzen, sind viele ältere Filme, selbst wenn sie neu abgetastet sind, noch nicht soweit. Wobei es Ausnahmen, wie zum Beispiel ‚Der unsichtbare Dritte‘, gibt.
Wer sich vor dem Kauf einer Bluray über die Bildqualität informieren will, sei auf die Seite BLURAY-DISC.DE verwiesen.
Neue Filme lassen sich durchaus in 4K herstellen. Alte Filme kann man digital abtasten und anschließend aus dem so erhaltenen digitalen Material das Beste heraus holen. Da kommt es sehr auf das, damals verwendete chemische, Filmmaterial an. Konnte das überhaupt die einzelnen Filmbilder in einer ausreichenden Auflösung speichern? Wurde mit einer ausreichend scharfen Kamera gefilmt? Ist das Material noch erhalten? Lässt es sich irgendwie restaurieren?
Manchmal ist es möglich einen alten Film so in eine Bluray umzuwandeln, dass er die Möglichkeiten einer Bluray ausreizt. Es ist aber, meiner Meinung nach, sehr selten.
Zur Zeit gibt es einige wenige Blurays, auf denen 4K-Filme gespeichert sind. Es sind aber so wenige und zum Teil auch uninteressante Filme, dass es sich überhaupt nicht lohnt, darum einen 4K-Fernseher zu kaufen!
Von 8K Filmen fange ich jetzt gar nicht erst an.
Die Hersteller wissen natürlich auch von diesen ganzen Problemen und versprechen einem, dass die Fernseher per ‚künstlicher Intelligenz‘ die gering auflösenden Bilder in die native Auflösung konvertieren können. Ich habe das noch nicht ausprobiert und werde beim nächsten Besuch von Saturn-Hansa oder Media-Markt eine DVD mitnehmen und sie mir von einem Verkäufer vorführen lassen.
Fazit
Zumindest einmal bis dahin, denke ich, bin ich mit meinem alten Full-HD Fernseher immer noch gut aufgehoben. 🙂 Sobald es über 50% 4K-Filme gibt und ich mich mit meiner Frau über eine Wand im Wohnzimmer geeinigt habe, kaufe ich mir einen neuen Fernseher.
Hier noch eine interessante Seite zur Bestimmung der eigenen Sehschärfe