
„Intel? Heute leider nicht.“ Man stellt sich gern vor, wie der Türsteher des Afterlife die Einlasskontrolle übernommen hat: M1 bis M4? Willkommen. 16 GB Unified Memory? Pflicht. Der Rest bleibt draußen. So beginnt Cyberpunk 2077 sein spätes, aber selbstbewusstes Gastspiel auf dem Mac – und die interessanteste Spielerei passiert nicht im Spiel, sondern davor: in einer grassierenden Schwarmmessung, die Apple-Silicon-GPUs einmal quer durch die Generationen auseinandernimmt.
Angeregt durch frische Community-Experimente rund um Mac-Gaming prasseln seit einer Woche Benchmarks aus der Praxis ein – mehr als 200 Messwerte, vom bescheidenen M1 bis zum M4 Max. Das Besondere ist nicht die Einzelzahl, sondern die Quersumme: ein veritables, öffentliches Leistungspanorama, das es in dieser Dichte bei Apple-Hardware selten gibt. Am Rand blinken blinde Flecken: Ausgerechnet M2 Max und M2 Ultra fehlen bislang nahezu vollständig, was die Kurve der Apple-eigenen GPU-Evolution mit einer hübschen Delle versieht.
Dass es so weit kommt, hat eine doppelte Pointe. Erstens: Die native macOS-Fassung von Cyberpunk 2077 landet nicht „Anfang 2025“, wie vage angekündigt, sondern früher – im Juli, flankiert von Patch 2.3. Zweitens: Wer das Spiel bereits am PC besitzt (etwa auf Steam), muss nicht erneut zahlen. Für ein Ökosystem, das oft wegen abgeschotteter Pfade kritisiert wird, ist das ein angenehm pragmatischer Move.
Technisch betrachtet trägt Apple diesmal selbst das Rampenlicht: MetalFX, das temporale Upsampling des Hauses, liefert den Hebel, um Night City in für MacBooks typischen 16:10-Auflösungen – 1.920 × 1.200 und 2.560 × 1.600 – flott zu halten. Die Community organisiert sich rund um drei Grafikprofile, inklusive eines moderaten Raytracing-Presets. Wichtige Fußnote: Echtes RT gibt’s erst ab M3; die spektakuläreren Modi (Ultra-RT, Pathtracing) sind auf aktuellen Apple-Chips kaum flüssig – ein Reality-Check, der zugleich als Wunschzettel an Cupertino gelesen werden darf.
Bemerkenswert ist wiederum die Methode. Statt eines zentralen Testlabors entsteht ein verteiltes, replizierbares Messverfahren: Ingame-Benchmark, Vollbild, VSync aus, FPS-Limiter weg, MetalFX auf ausgewogene oder Performance-Stufe, und am Ende zählt nur der Durchschnitt der Bilder pro Sekunde. Das Ergebnis ist weniger ein Best-of als eine Landkarte – mit vielen Kacheln, die man selbst ergänzen kann. Wer will, versieht seinen Datensatz noch mit CPU-/GPU-Kernzahlen. Die Redaktion kuratiert und gießt die Messpunkte in Diagramme. Es ist bereits die dritte Runde eines solchen Crowd-Benchmarks zu diesem Spiel, und es fühlt sich inzwischen nach Standardwerk an.
Zwei Gedanken, die sich aufdrängen:
– Erstens: Unified Memory ist Segen und Hemmschuh zugleich. Der 16-GB-Mindeststandard sorgt für Planbarkeit, aber im Zusammenspiel aus Texturen, Geometrie und MetalFX-Puffern ist er schnell das Nadelöhr. Für Macs ist das weniger eine Frage des „Ob“ als des „Wie lange noch?“. Sobald Entwickler mehr RT-Effekte wagen, wird der Ruf nach 24 oder 32 GB in den Mainstream-Modellen lauter werden – oder nach aggressiveren Streaming-Techniken, die Apples Speicherhierarchie wirklich ausreizen.
– Zweitens: Crowdsourcing als Qualitätsdruck. Wenn Hunderte realer Systeme öffentlich sichtbar performen, verschiebt sich die Optimierungsarbeit. Portstudios und Engine-Teams können ihre Metal-Pfade an echten Bottlenecks ausrichten – etwa an der Shader-Kompilierung, der Async-Compute-Auslastung oder am Rasterizer, der bei 16:10-Auflösungen andere Füllratenmuster produziert als bei 16:9. Die Daten sind nicht nur PR-taugliche Charts, sie sind Rohmaterial für bessere Builds.
Und die Zukunft? Drei Szenarien sind plausibel. A) Apple schärft den Raytracing-Stack über Hardware und Treiber nach, sodass mittlere RT-Presets auf Max-Chips zur Norm werden – Metal 3 bekommt dann endlich das Schaufenster, das es verdient. B) Die Branche professionalisiert Community-Benchmarks: offene Datenschemata, standardisierte Szenen, vielleicht ein öffentliches Dashboard, das Geräteklassen mit Thermik, Netzbetrieb und Game Mode korreliert. C) Entwickler nutzen die Lizenz-Parität mit Steam als Hebel, um Mac-Releases nicht als Port, sondern als Variante erster Klasse zu denken – mit Interface- und Energieprofilen, die auf mobile Macs zugeschnitten sind.
Natürlich hat auch diese Episode ihre Ironie. Night City, die Stadt ewiger Upgrades, landet ausgerechnet in einem Ökosystem, in dem Hardware-Varianten selten und streng kuratiert sind. Umso reizvoller ist das Experiment: Ein Spätstart, der nicht nach Entschuldigung klingt, sondern nach Möglichkeitsraum. Die Community hat den Stoppuhrfinger am Puls, MetalFX füttert die Pixelpipeline, und Apple muss beantworten, wie viel Raytracing der Apfel pro Jahrgang verdaut.
Die Bilanz vorläufiger Art: Ja, der Mac spielt mit – noch nicht mit allen Neonlichtern, aber in stabilem Takt. Der Rest ist eine Frage von Iteration, Daten und Geduld. Und vielleicht eines gut gelaunten Türstehers, der demnächst auch M2 Ultra auf die Gästeliste setzt.