Bock auf Satellit?

Die Geister um uns herum

Die Welt um uns herum ist voller Funkwellen! Und keiner merkt es! Stellt Euch vor, Ihr steht auf einem orientalischen Markt voller verschiedener Händler. Die Händler schreien laut ihre Angebote in die von Gewürzen duft-geschwängerten Luft. Menschen unterhalten sich lautstark miteinander, eine Kirchturmglocke läutet gerade die volle Stunde. Autos fahren vorbei, eine Fahrradklingel ertönt, ein Hund bellt und Musik spielt überall.

Jetzt stellt Euch die von diesem Lärmpegel erzeugte Informationsmenge vor und seit versichert, dass, auch wenn Ihr glaubt in einem völlig lautlosen Raum zu sein, dennoch diese Informationsmenge ständig um Euch herum vorhanden ist! Sie steckt in den Funkwellen, die von WLAN, Bluetooth, Handymasten, Relaisstationen, Rundfunk-Antennen und was weiß ich noch alles, beständig ausgesendet werden!

Eine Möglichkeit Ihre Anwesenheit aufzuspüren, besteht darin mit einem Radio- oder Fernsehempfänger Musik zu hören oder Filme anzusehen. Auch wenn diese heutzutage oft über ein Kabel gestreamt werden, gibt es immer noch genügend Antennen, die sie über Funk ausstrahlen (zum Beispiel über DAB+ oder DVB-T2). Die vermutlich viel massiveren Ausstrahlungen von WLAN und Smartphones sind schwieriger sichtbar zu machen. Aber das sie vorhanden sind, kann man ja indirekt beim Netflix-Gucken über’s Smartphone sehen.

Wer darüber nachdenkt und etwas technisch bewandert ist, dem ist sicher klar, dass es Menschen geben muss, die all diese Technologie erfunden und entwickelt haben. Den meisten ist es aber egal, sie nutzen diese Technologien und interessieren sich nicht dafür wie sie funktionieren.

Es gibt aber eine Spezies Menschen, die viele dieser Technologien aus purer Freude an Physik und Technik entwickelt haben und auch heute noch fasziniert davon sind. Es sind die Funkamateure! Sie sind nicht nur Anwender ihrer eigenen Technologie, sondern sie beherrschen sie auch. Darüber gib es im Internet viele, viele, viele Geschichten und darum spare ich mir das hier.

Was ist ein Funkamateur?

Ein Funkamateur ist der Inhaber eines Amateurfunkzeugnisses oder einer harmonisierten Prüfungsbescheinigung, der sich mit dem Amateurfunkdienst aus persönlicher Neigung und nicht aus gewerblich-wirtschaftlichem Interesse befasst. Man muss dazu eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur bestehen und darf anschließend selbst Funkgeräte bauen und mit diesen auf bestimmten Frequenzen senden.

Hier möchte ich nur auf eine der neuesten faszinierenden Möglichkeiten der Amateurfunker eingehen und sie Euch kurz vorstellen. Es ist der Amateurfunksatellit ‘Es’hail-2‘. Dies ist der erste geostationäre Satellit für Funkamateure. Funkamateure haben schon sehr lange die Möglichkeit über Satellit mit anderen Funkamateuren zu kommunizieren. Aber bisher sausten die Satelliten relativ schnell über ihre Köpfe hinweg und nach wenigen Minuten war der Spaß vorbei.

Mit dem Es’hail-2, auch Qatar-OSCAR 100 (QO-100) genannt, ist das anders geworden. Als geostationärer Satellit bleibt er an einem bestimmten Punkt über der Erde quasi stehen und überstreicht so immer den gleichen geografischen Raum über der Erde.

Warum ist der Satellit so interessant für Funkamateure?

Funkwellen breiten sich wie Lichtstrahlen aus. Das heißt, sie können der Erdkrümmung nicht so ohne weiteres folgen. Wenn man mit einem sehr entfernten Ort Funkwellen austauschen will benötigt man darum so etwas wie einen Spiegel, der die Wellen umlenken kann. Dies können bestimmte Schichten in der Atmosphäre sein, ein tatsächlicher Spiegel auf dem Mond, oder eben ein Satellit mit einer speziellen Einrichtung, Transponder genannt, der die Funkwellen automatisch weiterleitet.

Wie schon geschrieben, gibt es geeignete Satelliten schon sehr lange. Allerdings waren die, in Bezug zur geografischen Position eines Funkamateurs auf der Erde, immer in Bewegung und darum nur kurzzeitig verwendbar. Dies ist jetzt mit dem geostationären Qatar-OSCAR 100 anders geworden.

Wenn Ihr beim Lesen bis hierher durchgehalten habt und am Thema interessiert seit, kommt jetzt etwas wirklich Cooles für Euch! Es ist ohne jegliches Funkgerät, nur mit Eurem Browser, möglich, den Gesprächen der Funkamateure, die sie über diesen Satelliten führen, zuzuhören!

Qatar-OSCAR 100 Narrowband WebSDR

Mithören

Um es dem Anwender leicht zu machen verwendet der Empfänger modernste Softwaretechnologie. Damit ist es leicht, die Gespräche oder Signale schnell zu finden und zu hören. Dazu bietet er eine Wasserfallanzeige an, wie es sie auch in modernen Empfängern für Funkamateure gibt. Die Wasserfallanzeige zeigt Euch den gesamten vom Transponder empfangenen Frequenzbereich an. Anstatt sich wie früher mit einem großen Drehrad durch das ganze Frequenzband zu kurbeln, kann man einfach einen Blick auf das Diagramm werfen. Da wo die rosa Linien von unten nach oben wandern, da passiert etwas. Die dünneren Linien sind meist digitale Signale oder Morsezeichen. Die dickeren sind Sprache! Die braunen Fähnchen im schwarzen Bereich geben genau an, wo was für Signale gesendet werden. Der Sprachbereich beginnt da, wo das ‘SSB’-Fähnchen sitzt! SSB steht für Einseitenbandmodulation.

Direkt unter dem Diagramm gibt es ein, aus einer dünnen, gelben Linie bestehendes Symbol, was entfernte Ähnlichkeit mit einem Tunneleingang hat. Es könnte aber auch das Oszillogramm eines Parallelschwingkreises sein. Man kann es mit der Maus ‘anfassen’. Zeigt die Mausspitze auf den dünnen geraden Strich in der Mitte oben, so wird dieser etwas dicker und wenn man jetzt die Maus nach links oder rechts bewegt, so wandert das Symbol auch nach links oder rechts. Zeigt man mit dem Mauszeiger auf die Seitenwände des Tunnels, so werden auch diese etwas dicker und man kann so die Wände nach links oder rechts verschieben und damit die Bandbreite des Parallelschwingkreises bestimmen. Für Funkamateure ist damit vermutlich schon alles klar. An dieser Stelle wird die NF vom Sendesignal getrennt, also demoduliert.

Für uns Normalos: Jede einzelne dicke rosa Linie stellt ein gerade stattfindendes Gespräch dar. Aber nur das Gespräch, unter dem gerade der gelbe Tunnel ist, wird tatsächlich akustisch wiedergegeben. Ihr solltet mit der Breite des Tunnels und der exakten Position ein bisschen herum probieren, bis ihr die Stimmen gut hören könnt. Am besten setzt Ihr einen Haken bei ‘Allow keyboard’, denn dann könnt Ihr mit den Cursortasten für links und rechts recht feinfühlig den Tunnel verschieben.

Die tatsächliche Empfangsfrequenz könnt Ihr links unter dem Wasserfalldiagramm sehen. Der etwas dickere gelbe Strich im Tunnel gibt exakt die Position der Empfangsfrequenz an. Dass er entweder immer links oder rechts an der Tunnelwand sitzt, hängt davon ab, ob LSB oder USB gewählt ist. Wenn Ihr wissen wollt was das ist, könnt ihr unter Einseitenbandmodulation in der Wikipedia nachlesen. Für erste Erfahrungen mit dem Amateurfunkhören ist es aber nicht wichtig.

Interessanterweise findet man schnell Gespräche die in deutscher Sprache geführt werden. Die Gespräche selbst handeln meist von der Empfangsqualität, der verwendeten Funkanlage, dem Funkort und technischen Tipps. Aber auch das eine oder andere persönliche Wort fällt hin und wieder.

Der Qatar-OSCAR 100 ist etwa 36000 km entfernt! Damit man von ihm gesendete Signale hören kann, benötigt man einen auf ihn ausgerichteten Parabolspiegel mit einem knappen Meter Durchmesser. Aber Ihr könnt ihm jetzt einfach mit dieser Webseite zuhören. Wenn Ihr allerdings selbst zu ihm senden wollt, bzw. selbst mit anderen Menschen über den Satelliten sprechen wollt, dann müsst Ihr eine Amateurfunklizenz besitzen und etwas Geld in eine brauchbare Funkstation stecken – egal ob selbst gebaut oder gekauft.

Computereinsatz im Amateurfunk:

Jenseits der Rauschgrenze

 

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