Einstieg in die Route 66

11.04.2024, Camp Mi Masa in der Nähe Carthage

Irgendwann in der Nacht hat es wohl zu regnen aufgehört. Und als ich vom morgendlichen Waschen zurück komme sehe ich über dem kleinen See allerfeinstes Rosa. Also schnell das Smartphone geschnappt und ein paar Bilder gemacht. Nach dem üblichen Kaffee und Frühstücken und dem zu erwartenden Sitztag bin ich noch ein bisschen auf dem Campingplatz herum gelaufen und habe mich auch noch einmal auf die Schaukel gesetzt und ein ganz kleines bisschen geschaukelt. So mit Sonne ist es richtig schön da. Jetzt noch 2 Wochen mehr Frühling und es wäre perfekt.

Wie ich so da sitze kommt der Campingplatzbesitzer mit seinem Pickup vorbei gefahren und wenig später folgt ihm die Campingplatzbesitzerin nach. Ich schmetter ihr ein Good morning zu und bekomme eine nette Antwort zurück (Weiß den Wortlaut nicht mehr). Dann steigt sie auch in den Pickup, der Fahrer wendet und fährt zurück. Sie wollen wohl zusammen etwas außerhalb erledigen. Als sie bei mir angekommen sind steigt er aus und bedankt sich noch einmal bei mir dass ich bei ihnen einen Platz genommen habe! Ich danke ihm noch einmal dass ich hier eine Nacht stehen durfte und er wünscht mir noch einmal eine gute Reise und so. Mit Handschlag verabschieden wir uns. Dann fahren sie vom Campingplatz weg. Krass, so hätte ich das jetzt nicht erwartet. Die haben sich scheinbar echt über den Deutschen gefreut. Und bei denen hatte ich irgendwie das Gefühl dass sie mit ihrem Leben zufrieden sind. Sie bewirtschaften ihren Campingplatz und sind zufrieden damit. Irgendwie merkt man ja doch ab einem bestimmten Alter wie die Leute so drauf sind. Und die machten einen zufriedenen Eindruck auf mich.

Schließlich kann ich mich losreißen und starte in Richtung Springfield. Gestern habe ich festgestellt, dass die eine meiner Birkenstock Sandalen kaputt ist. Die Sohle wird nur noch am Anfang und am Ende gehalten, der Rest hat sich gelöst. Wahrscheinlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie endgültig abfällt. Dann könnte ich zwar versuchen die mit Gewebeband irgendwie zu kleben, aber wie sieht dass denn aus? Ich will ja als Ausländer in den USA keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Das ist dann gleich wieder ein gar nicht so einfach zu lösendes Problem und macht sich in meinem Schädel breit, gesellt sich zu den 100 anderen Problemen und überlagert die erst einmal. Ich dachte dass die noch gar nicht so alt sind, weiß aber auch nicht mehr wann ich sie gekauft habe. Aber wozu bezahle ich eigentlich ChatGPT? In Springfield angekommen und schon das erste Schild mit ‚Route 66‘ gesehen, denke ich dass der Ort sicher besser geeignet um das Sandalen Problem zu lösen, als wenn ich erst irgendwo in der Einsamkeit bin. Ich frage ChatGPT:

‚Kann man in den USA Birkenstock-Sandalen kaufen und falls ja, wo?‘

ChatGPT will noch 2 weitere Angaben wissen: ‚Missouri‘ und ‚Springfield‘ und dann nennt es mir für Springfield ‚Famous Footwear‘. Das gebe ich in Google Maps ein. In ungefähr 10 km soll eines sein, aber ich muss mich durch die Stadt kämpfen, aber auch das würde nicht länger als 15 Minuten dauern. Hhhmm, wenn ich Erfolg habe, habe ich das Sandalen Problem in insgesamt einer Dreiviertelstunde (mit Hin- und Rückweg und bezahlen) gelöst. Andernfalls spukt es mir im Kopf herum und wenn die Sandale wirklich kaputt ist, muss ich mich irgendwann später doch damit herum schlagen. Also probiere ich es aus. Und tatsächlich sagt die junge Frau im Famous Footwear dass sie Birkenstock Sandalen haben und sogar in meiner Größe (ich habe die alte in einem Plastikbeutel mit rein genommen), leider haben sie einen stolzen Preis von 109 Dollar plus Steuern. So habe ich keine 5 Minuten nachdem ich die Tür zu Famous Footwear geöffnet habe, neue Birkenstock Sandalen. Das ist schon irgendwie beeindruckend. Und eine Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten: ChatGPT GPT-4, Google Maps, VW Bus T6.1 und mir. 🙂

Durch diesen Umweg fahre ich leider nicht auf der Route 66 aus Springfield heraus, sondern komme erst so 30 km später auf die Route 66. Anfangs freue ich mich ein bisschen, dass ich das Tagesziel erreicht habe, dann stellt sich aber schon wieder die Sorge nach dem Übernachtungsplatz in den Vordergrund. Hier an der Route 66 zeigt RV Parky wesentlich weniger Campgrounds an und ich hoffe nicht, dass das zum Problem wird. Nach ein paar Kilometern stoße ich bei Paris Springs auf George. Erst sehe ich ihn gar nicht, sondern bin aufgrund der alten Autos stehen geblieben. Doch er hockt auf einer Bank vor seinem Andenkenladen und ist total freundlich. Es ist ein richtiger kleiner Museums Park rundherum, mit einem Wohnhaus, einer Werkstatt, einer Art Festhalle, mehreren alten Autos und Kunstgegenständen. George sagt ich darf fotografieren so viel ich will und alles eingehend ansehen, völlig kostenlos! Also bin ich die nächsten 20 Minuten erst einmal beschäftigt. Als er merkt dass ich wirklich gerne fotografiere, schreibt er mir noch ein paar Punkte auf einen Zettel:

[Bild]

Da George auch irgendetwas von Kaffee erzählt hat, will ich ihm wenigstens einen Kaffee bezahlen. Aber er winkt ab und sagt ich soll mir einfach am Festzelt selbst einen nehmen. Ok, der ist dann auch aus der Warmhaltekanne nicht so lecker, aber egal. Das war ein sehr schöner Einstieg in die Route 66! Mit Handschlag verabschiede ich mich von ihm. Achso, er hat mir auch noch eine die Adresse seines Freundes bei Kansas genannt, der mir bei der Campground Suche helfen wird!

Leider fahre ich erst einmal an Spencer vorbei. Als ich es merke bin ich schon über 10 km weiter. Aber weil George es als fotografisch wichtig erachtete, fahre ich wieder zurück. Es ist auf einer Seitenstraße und auch wirklich schwer zu erkennen. Jetzt habe ich es aufgrund Google Maps gefunden. Ok, ist ganz nett, aber meiner Meinung nach nicht so toll wie das Museum von George (bbarns2@hotmail.com).

Langsam merke ich dass ich schon lange nichts mehr gegessen und auch getrunken habe. Der Kaffee war nicht so groß. Darum nehme ich mir vor am nächsten Fastfood Restaurant anzuhalten oder beim nächsten Punkt von George dem Lottie’s in Avilla, anzuhalten und etwas von meinen Vorräten zu essen. Tatsächlich mache ich Beides. Denn als ich in Avilla anhalte habe ich bis dahin kein Fastfood Restaurant gesehen. Darum vertilge ich ein paar Scheiben Brot mit Würstchen und eine Banane und dann entdecke ich, dass man bei Lottie’s was zu essen bekommen kann! Das entdecke ich aber erst, als ich die Bedienung für den Schlüssel zum Restroom gebeten habe und als ich den wieder abgebe, entdecke ich das Tagesangebot ‚Spaghetti‘ und bestelle es mir. Als es kommt ist ein Salat dabei und eine Soße a la Bolgnese oder so. Ist jetzt keine Leckerei, aber kann man essen und ist mal was anderes als die ständigen Burger.

Nun ist schon wieder etwas Zeit vergangen, ich bin müde geworden und darum werde ich nicht bis nach Kansas fahren, sondern mir jetzt einen Platz zum übernachten suchen. RV Parky zeigt unter anderem Park Mi Masa und da fahre ich jetzt hin. Beim rein fahren nach Carthage sehe ich ein paar Motels direkt an der Straße liegen und ich überlege die einmal auszuprobieren. Aber eigentlich schlafe ich sowieso am besten in unserem Van und wenn ich dann an so ein Motelzimmer an der Straße denke, hätte ich Sorge das dem Van etwas nachts passiert.

Am RV Park angekommen ist das Office leider unbesetzt. Aber wie immer gebe ich nicht gleich auf, laufe etwas herum, entdecke einen friedlich im Liegestuhl sitzenden Mann und bitte ihn um Hilfe. Er zückt auch gleich sein Smartphone und ruft irgendwo an. Eine Stimme sagt dass sie noch nicht auf haben. Der Mann gibt mir die Nummer und ich rufe auch noch einmal an und schildere meine schier aussichtslose Situation als deutscher Tourist auf der Route 66 in Amerika in einen Anrufbeantworter…

Dann suche ich mir den nächsten von RV Parky gezeigten RV Park heraus und fahre weiter. Etwa 3 km weit entfernt erreicht mich eine SMS:

‚This is Stephanie from Camp MiCasa RV Park in Carthage Missouri. I’m not there but can offer site 1 for you tonight. Let me know if you want that site.‘

Ich drücke ‚Yes‘, es kommt ein:

‚Bathhouse code is 7829 and the WiFi password is ontheRoute66.‘

Ein Bezahllink kommt auch noch. Ich bezahle noch im Auto und fahre zurück. Ich habe einen Übernachtungsplatz! Der ist zwar ziemlich öde, aber immerhin muss ich nicht irgendwo auf einem Parkplatz stehen und kann morgen früh auf die Toilette und habe eine Dusche.

Feierabend.

Noch eine Kleinigkeit: Dieser Platz hat die beste Dusche bisher! Schön solide 4-blättrige Drehknöpfe im alten Stil für Heiß und Kalt. Es wird schnell heiß, man kann es mühelos mit Kalt mischen und es kommt richtig Druck raus! Der geneigte Leser meint das wäre selbstverständlich? Mitnichten, alle anderen Duschen die ich bisher hier in der USA ausprobiert habe stinken dagegen gewaltig ab. 🙂

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert