Lange Fahrt mit vielen Gedanken

01.04.2024, Wickham Park CP in der Nähe von Melbourne

Heute morgen habe ich vor dem Losfahren ein paar Nachbarn angesprochen. Einer erklärte mir dass Panzertape/Gafferband in den USA Duct tape heißt und nicht wie ich fragte ‚Fabric tape‘. Er hatte aber keines. Den nächsten fragte ich nach Duct tape und er hat mir seines ausgeliehen. Davon nahm ich ungefähr 20 cm ab und klebte sie über den Spalt zwischen Karosserie und Kotflügel. Ich hoffe das hilft Spannungen etwas zu vermeiden, so dass der auf keinen Fall komplett abfällt.

Heute ist auch nur wieder eine große Fahretappe angesagt. Fast 500 km sind zu fahren und davon ungefähr 400 immer auf der gleichen Interstate 95. Also wird nichts Aufregendes passieren und ich schreibe Euch einfach meine Gedanken zusammen, die ich so beim Fahren habe:

Über das Reisen: Wenn alle Menschen der Erde reisen würden und dabei ihr Auto, ein Schiff oder ein Flugzeug nehmen würden, würde es einen unermesslichen negativen Fußabdruck auf der Erde hinterlassen. Wo nehme ich mir dann das Recht her in die weite Welt zu reisen? Ganz ehrlich, ich habe wahrscheinlich kein Recht dazu und mache es trotzdem. Wahrscheinlich nehme ich mir da etwas von unserem Planeten, was nicht wieder zurückgegeben werden kann. In dem Punkt fühle ich mich schlecht. Eigentlich sollte man nur mit dem Fahrrad reisen!

Auch wenn ich nicht reisen würde, so würden es viele andere Menschen trotzdem machen. Es würde sich nichts ändern. Ja, ich weiß, wenn jeder so denkt dann ändert sich tatsächlich nie etwas. Die Weltregierung müsst es halt einfach generell verbieten. Das wäre Ok für mich. Dann kann niemand mehr mit Dingen verreisen die die Umwelt schädigen. Ich finde dann schon etwas in meiner Umgebung was mich glücklich macht.

Viele Menschen machen Tag für Tag, Jahr für Jahr eine sich immer wiederholende Arbeit die sie glücklich macht. Ich würde dadurch nicht glücklich werden. Mein Geist ist so geschaffen, dass er nur zufrieden ist wenn er immer wieder etwas Neues entwickeln darf und vor allem, wenn er kreativ sein darf.

Ich weiß nicht wie andere drauf sind, aber ich habe sehr viel Angst vor Reisen in unbekannte Länder oder weit weg von zu Hause. Wenn mir oder meinem Van etwas passiert kann ich nicht einfach zu meinem gewohnten Arzt oder meinem VW Händler (Krämer in Groß-Bieberau) gehen. Wo ich weiß wo die sind und wie sie sind und die meine Sprache sprechen. Ich habe auch nicht mein Haus und meine gewohnte Umgebung in der Nähe auf die ich im Notfall zurück greifen kann. Wenn mein Van kaputt ist, weiß ich nicht wo ich dann schlafen soll.

Trotzdem fahre ich jeden Tag hunderte von Kilometern durch riesige Städte auf vielspurigen Straßen und setze mich dabei den Verkehrsbedingungen eines anderen Landes aus. Das macht mich sehr verletzlich. Wenn irgendetwas ungewohntes passiert oder ein Problem entsteht, so muss ich das lösen. Es wird mir niemand helfen. Das macht es im Moment sehr schwer für mich bei dieser Reise glücklich zu sein. Vor allem, weil auch schon so viel passiert ist. Ich glaube viele andere Reisende machen sich nicht so viele Gedanken und erfreuen sich einfach an ihrer Reise.

Diesmal kann ich nicht einfach wieder heim kehren, wenn mir danach ist. Ich muss die volle Zeit durchziehen. Und ich MUSS mit meinen Problemen selbst fertig werden. 6 Monate sind eine unglaublich lange Zeit und wahrscheinlich werden sie mich verändern. Ob ich dabei endlich zum Erwachsenen werde? Oder einfach ein besserer Thomas? Solange mir noch jeder Tag bei der Suche nach dem nächsten Campground Ängste bereitet und es mir etwas aus macht, nicht zu wissen ob der nächste Campground schöner oder hässlicher ist als der letzte, bin ich vermutlich noch nicht in meinem Roadtrip angekommen. Erst wenn ich abends auf meinem Campground eingecheckt und auf meiner Site angekommen bin, den Zündschlüssel drehe, die automatische Luftausgleichung aktiviere und die Scheiben einen Spalt geöffnet habe, kann ich für diesen Tag entspannen.

Alle amerikanschen Lastwagen haben einen Schnautze.


D
amit die Reise am Laufen bleibt, sind doch immer ein paar Dinge notwendig. Tatsächlich würde ich bei den hiesigen Geschwindigkeiten und einem Durchschnittsverbrauch von 7,8 Litern bei meinem 80 Liter Tank über 1000 km weit kommen. In der Praxis ist es aber so, dass ich ab dem Moment, wenn der Tank halb leer ist nach einer Tankstelle suche. Auch der Adblue Tank muss immer im Auge behalten werden. Angeblich gibt es Adblue im Walmart – mal sehen. Dann sollten immer genug Getränke, Essen und auch Obst vorhanden sein. Ein kühles Bier ist nach einer anstrengenden Fahrt immer eine gute Sache. Auch sollte man mindestens für 2 Tage warmes Essen zubereiten können und für das Frühstück etwas Brot (amerikanisches Brot: Brrr) da sein und etwas zum Drauflegen auf für das Brot da sein. Und für die Vitamine Orangensaft.

Bei meinem ersten Besuch bei Walmart hatte ich nicht viel Zeit und vermutlich darum kein Obst gefunden. Einen Tag später beim Aldi habe ich dann Äpfel und Bananen gekauft.

Die Scheibe muss regelmäßig geputzt werden. Zum einen sieht man sonst ja immer schlechter und zum anderen haben meine GoPro Aufnahmen sonst hässliche Flecken.

In meinem Alter mache ich mir schon viele Gedanken über alles mögliche. Mit 60 Jahren macht man eine Reise nicht mehr so locker wie mit 20 oder 30. Ich hoffe 6 Monate durchhalten zu können und nicht krank oder ein sonstiges gesundheitliches Problem zu bekommen. Da ich hier ja nicht zum Mountainbiken komme, versuche ich jeden Tag 20 Liegestütze zu machen, damit ich wenigstens nicht meine Muskelmasse verliere.

Als ich in die Gegend mit dem Kennedy Space Center komme wundere ich mich, dass ich noch fast 50 km weiter fahren soll. Da habe ich wohl heute morgen nicht achtgegeben und den Maßstab nicht beachtet. RV Parky zeigte mir 2 brauchbare Campingplätze an und ich rief auch am Morgen zweimal bei dem an, der näher am Kennedy Space Center war, aber ich habe die Automatenstimme nicht verstanden und sonst wollte keiner mit mir reden. Darum habe ich es bei dem zweiten probiert und der hat sich gleich um mich gekümmert. Vielleicht war der andere auch voll oder zu und es ist gut so wie es gekommen ist. Aber jetzt bedeutet das, dass ich morgen dass ich ungefähr 50 km zurück und abends wieder herfahren darf. Na ja, habe ich wieder etwas gelernt.

Gegen 15:30 Uhr bin ich fast am Campingplatz. Ich versuche noch einen Supermarkt zu finden was mir aber nicht gelingt. Dafür aber eine Tankstelle wo ich den Wagen wieder mit Diesel auffülle. Da kaufe ich mir noch eine Dose Bier und ein Instantsüppchen für Notfälle. Mir geht nämlich langsam das Essen aus.


Am Platz angekommen checke ich, wie meistens, erst einmal die Toilette und den Waschraum. Ist vorhanden, aber eklig. Generell scheinen mir die amerikanischen Sanitärgebäude schlechter als die in Europa zu sein. Soweit meine vorsichtige Einschätzung nach einer Woche Aufenthalt. Immerhin ist auch dieser Platz in einer parkähnlichen und riesigen Anlage eingebettet. Das ist in der Tag ganz schön, aber natürlich künstlich angelegt. Außen herum liegt eine geschäftige Stadt. Aber ich nutze die Gelegenheit um ausgiebig spazieren zu gehen und treffe dabei auf ein domestiziertes Eichhörnchen, welches glaubt ich habe Erdnüsse dabei, wie mir eine Frau später erzählt. Darum konnte ich es aber von nahem fotografieren.

Zurück am Auto koche ich mir Nudeln und versuche meinen selbst gebauten GPS SMS Sender zum Laufen zu bringen, in dem ich bei Alditalk einen passenden Tarif buche. Aber bis jetzt scheint es nicht zu klappen und ich habe nicht die Zeit alles vernünftig zu debuggen. Zu den Nudeln gibt es wieder Tomatensoße. Nach dem Spülen gehe ich noch eine Runde und mache 20 Liegestütze, was ich mir für jeden Tag vorgenommen habe, da ich ja lange nicht zum Radfahren kommen werde.

Dann geht es duschen und Tagebuch schreiben.

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert