17.06.2024, Portola Redwoods State Park Campground
Heute Morgen, gleich nach der Morgentrompete, kommt ein ganzer Trupp ‚Tree Care Professionals‘ mit dem Namen West Coast Arborits, Inc, die den umgefallenen Baum von gestern beseitigen. Mit einem Hubwagen, einem riesigen Shredder und Stihl Motorsägen. Während des Frühstücks haben wir etwas nervige Motorsägenmusik.
Das Hauptziel des Tages ist die Garage in Palo Alto, in der William R. Hewlett und David Packard ihr erstes Produkt entwickelten, einen Audio Oszillator. Da dies kein offizielles Museum ist, befürchte ich dass es dort nicht all zu viel zu sehen gibt und wir nach wenigen Minuten weiterfahren müssen. Darum habe ich noch 2 Ziele dazu genommen: Die Stanford University und das Google Headquarter. Da beides spontane Entscheidungen waren, hatte ich keine Ahnung ob ich die University überhaupt besuchen kann und was wir dann dort machen können! Das mögliche Ziel in Google Maps ‚Visitor Center‘ der Stanford University hörte sich aber jedenfalls so an, als dass da Besucher kommen könnten. Ich gab es als Ziel in Google Maps ein und wir fuhren dorthin.
In der Nähe fanden wir auch gleich einen Parkplatz, den man mit einer downloadbaren App, online oder mit einer SMS bezahlen konnte. Extra eine App downloaden und installieren hatte ich keine Lust, wie das Bezahlen mit einer SMS funktionieren sollte konnte ich mir nicht vorstellen und darum lies ich es erst einmal. Im Visitor Center fragte ich eine nette junge Dame danach, was ein Tourist hier in einer Stunde machen kann? Sie zückte sofort einen Plan und malte mir mit einem Marker eine Linie hinein, die zu einem mit Hewlett-Packard (Woher wusste sie dass ich Hewlett-Packard mag?) beschrifteten Gebäude führte und dann weiter zu einer Bücherhandlung führte. Ich nutze jetzt doch noch schnell die Online Lösung fürs Parken und schon schritten wir los und fotografierten dabei jedes Gebäude.
Warum wollte ich dorthin? Ich weiß es selbst nicht genau. Ich hatte zeitweise keine gute Kindheit und auch keine gute Jugend. Niemand förderte mich und ich lebte einfach so vor mich hin. Schleppte mich von Schuljahr zu Schuljahr, blieb auch einmal oder zwei Mal sitzen und begann später eine Lehre zum Funkelektroniker. Aber schon viel früher, mit 12 Jahren, brachte ich mir selbst das Programmieren auf programmierbaren Taschenrechnern bei. Das veränderte etwas bei mir und ich begann mich geistig weiter zu entwickeln. Viel später, wenn ich amerikanische Filme sah oder wissenschaftliche Artikel, in denen Menschen auf besonderen Universitäten, wie zum Beispiel dem MIT, waren, beneidete ich diese um ihre Möglichkeiten und ich begann eine Faszination für Elite Universitäten zu entwickeln und bedauerte, dass ich das nicht in meinem Leben geschafft habe. Jetzt, wo ich das erste und vermutlich einzige Mal in meinem Leben einer solchen amerikanischen Elite Universität so nahe bin, wollte ich so weit wie es mir in 2 Stunden möglich ist, in sie hinein tauchen. Im ‚David Packard Electrical Engineering‘ Gebäude fanden wir das ‚BYTES café‘, in dem wir uns Nudeln und Salat bestellten und dort aßen. Ich stellte mir vor ich würde hier studieren und gerade in der Mensa mit anderen Studenten, vielleicht sogar mit David Packard und William Hewlett zusammen, die beide hier studiert haben, zusammen zu Mittag essen. Ich war extrem ergriffen von diesem Besuch hier an der Stanford University und er löste eine Vielzahl von Gefühlen in mir aus. Ach, könnte man doch noch einmal leben. Aber am besten mit den Menschen die man liebgewonnen hat.
Nach dem Mittagessen ging ich noch kurz auf Entdeckungstour durch das Gebäude, auch noch schnell rüber zum ‚William Gates Computer Science‘ Gebäude und dann gingen wir zusammen zur Kirche auf dem Gelände und das ist eine richtige große Kirche mit wunderschönen Bleiglasfenstern und riesiger Orgel und dann weiter zum ‚Bookstore‘ in dem ich mir als Andenken ein ‚Stanford‘- Hemd kaufte.
Das nächste Ziel ist die Garage, die auch als ‚Birthplace of ‚Silicon Valley‘‘ bezeichnet wird. Sie hatte ich schon sehr lange auf der Liste die ich einmal gerne sehen würde. Die Firma Hewlett-Packard habe ich aus mehreren Gründen in mein Herz geschlossen. Als Jugendlicher entdeckte ich sie als Hersteller der besten programmierbaren Taschenrechner die es in den Siebzigern gab. Die Geräte waren allerdings für mich zu teuer und bleiben darum Traumgeräte für mich. Später las ich einmal darüber dass Hewlett-Packard über ein ganz besonderes Management (The HP Way) verfügen sollte, dass imstande ist eine Firma über Jahrzehnte erfolgreich sein zu lassen. Das fand ich auch sehr interessant.
Als wir dann in der Wohngegend ankommen ist dort erst einmal absolut kein Hinweis auf irgendeine Besonderheit. Wir haben dann einfach an der Straßenseite angehalten und sind ausgestiegen. Ich war ein wenig enttäuscht, sah dann aber hinter dem Haus eine Garage aus Holz und nahm an, dass es DIE Garage ist. Davor standen 2 Autos und das deutet auf Privateigentum hin und eventuelle Bewohner die es nicht lustig finden, wenn ständig irgendwelche Touristen ihr Haus fotografieren. Aber bevor wir wieder fuhren drehte ich mich um und sah mir noch einmal die Umgebung an. Da entdeckten wir dass das Haus auf der anderen Straßenseite die Hewlett-Packard Garage war! Gerade da kam ein anderes Auto mit 2 jungen Koreanern an. Wir lächelten uns gegenseitig an und zeigten uns einen Daumen nach oben. Noch einmal eine Minute später kam ein Uber vorbei und lies ein älteres Pärchen aussteigen. Auch hier war Pierre aus London ein Fan der Garage und hat sich extra zusammen mit seiner Frau ein Uber aus San Francisco gemietet um von ihrer gebuchten Busreise eine Auszeit zu nehmen und diese Garage zu besuchen! An diesem Haus war auch eine Metallplatte angebracht an der ein paar Worte über die Garage standen. Die Koreaner machten ein paar Fotos und fuhren dann wieder. Wir kamen mit dem älteren Mann ins Gespräch und ich sagte ihm, dass ich froh bin dass er gekommen ist, denn so kann ich meiner Frau beweisen, dass es auch andere Menschen gibt, die nur wegen einer alten Garage hier her gefahren sind. Da hat er gelacht und mir gesagt dass das voll auf Gegenseitigkeit beruht. Wir haben uns gut verstanden und gegenseitig Bilder mit uns gemacht.
Auch dies war ein sehr bewegender Moment an diesem Tag und vermutlich auch von der ganzen USA Reise. Auch das es anderen Menschen genauso wie mir geht, fand ich sehr beruhigend. Ich fühlte mich dem Ursprung meiner Leidenschaft Programmieren und Computern sehr nahe.
Das dritte Tagesziel sollte Metas Headquarter sein und ich wollte gerne dort ein Bild von mir vor dem Eingangsbereich machen. Als wir dort ankamen sah alles sehr nüchtern aus und es war nirgends am Gebäude ein Schild mit der Bezeichnung Meta oder Google zu sehen. Wir liefen ein bisschen herum. Bis uns ein Sicherheitsmann auf einem Fahrrad ansprach und uns erkläre dass wir hier nicht sein dürfen. Da sind wir zurück zum Auto und wollten zum Campground für heute Abend fahren. Doch ich war vorsichtig und sah noch einmal im Internet nach. Dabei entdeckte ich dass es auch ein Visitor Center von Google ganz in der Nähe gab. Da fuhren wir dann auch noch hin. Das stellte sich dann allerdings als ziemlich langweilig heraus. Wir konnten dort zwar einen leckeren Eistee bekommen, aber ansonsten hatte ich den Eindruck dass es sich nur um ein Verkaufscenter für Google Produkte handelte und ein bisschen Schnickschnack für die Masse. Wir waren beide enttäuscht und sind schnell weiter gefahren. Als nächstes haben wir noch einen Walmart angefahren, an dem wir unsere Vorräte auffüllten. Wieder einmal fand ich dort keine Gaskartuschen für unseren Kocher, obwohl Walmart die eigentlich führt. Ein unfreundlicher Mitarbeiter wollte mir auch nicht weiterhelfen.
Zum Abschluss des Tages geht es jetzt zum Campground. Ich wusste von den Karten her dass er im Wald liegt und auf einer kurvenreichen Straße erreichbar ist. Die Straße hatte es aber wirklich in sich, oft sehr schmal, mit Haarnadelkurven, hügelig, teilweise mit abgebrochenem Rand und sehr steil. Ich möchte fast behaupten dass sie anspruchsvoller als viele Alpenpässe ist! Ich war zwar vom Tag her müde, aber die Fahrt hat einen Flow in mir ausgelöst und auf gewisse Weise entspannte sie mich beim Fahren. Der VW Bus mit seiner Luftfederung lässt sich aber auch wunderbar durch solche schwierigen Strecken fahren. Man mag kaum glauben, dass man in einem schweren Bus sitzt und nicht in einem Sportwagen. Immer wieder und vor allem zum Schluss ging sie mitten durch tiefen Wald und der war oft aus riesigen Redwoods, so dass es einer Fahrt durch einen Märchenwald gleich kam.
Das Visitor Center des Campgrounds ist sehr schön mit Sitzgelegenheiten, Terrarien mit ausgestopften Tieren, Andenkenmaterial und einem alten Kamin ausgestattet. Wir bekamen unseren reservierten Platz und mussten unterschreiben, dass wir neben anderen Dingen auf keinen Fall Essen draußen liegen lassen, denn dafür gibt es eine Strafe von 875 Dollar!
Jetzt stehen wir mitten im Redwood Wald. Obwohl es noch Tag und sonnig ist, ist um uns herum alles schattig dunkel. Den Abend verbringen wir am Van, aber kurz bevor wir ins Bett gehen und es schon dunkle Nacht ist, gehen wir noch einmal zusammen in den Redwood Wald hinaus und genießen das prickelnde Gefühl nachts im tiefen Wald zu sein.